Prof. Werner Bleyl

International ausgezeichneter Buchbindemeister und Professor für Gestaltung

100. Geburtstag

100 Jahre Werner Bleyl und seine künstlerischen Werke faszinieren noch heute.

Dabei begann der Start ins Berufsleben nicht gerade vielversprechend. Trotz schwerer körperlicher Behinderung verließ er 1933 die Schule mit Erreichen des Endes der Schulpflicht. Im Zeugnis werden 621 versäumte Schultage erwähnt. Wie anders es ihm während seiner Lehrzeit ergangen sein muss, zeigt sich an dem Eintrag: „Versäumnisse null“. Ein Jahr später fällt im Abgangszeugnis der Handwerkerschule Chemnitz, Abteilung Buchbinder der Eintrag auf: „Berufskunde vorzüglich“. Und das Meisterprüfungszeugnis von 1941 zeigt: „mit Auszeichnung bestanden“. Die Einstellung von Werner Bleyl zum Handwerk drückt sich später in seinem Firmenschild aus: „Werkstatt für exakten Bucheinband“.

Aus den Zeugnissen lässt sich nicht entnehmen, wie weit sich das künstlerische Talent von Werner Bleyl bereits damals zeigte. Es waren Jahre, in welchen die Einbandgestaltung eine gewisse Uniformität besaß. Stempel und Rolleisen beschränkten die Gestaltung auf das geometrische, allenfalls noch unterschieden durch Blinddruck oder Vergoldung. Auch die Auswahl beim Leder mit seinen Gerbungen und Farben war beschränkt. Zur Verfügung stand noch das sehr schwer zu verarbeitende Pergament sowie das Leinen in wenigen Standardfarben. Freier konnte mit dem sogenannten Kleisterpapier umgegangen werden, bei welchem Abstraktionen und immerhin die Farbpalette des Tuschkastens zur Verfügung stand. So überraschte es nicht, dass man für das sogenannte handgestochene Kapital nicht selten auf die Buntheit vorhandener Garne zurückgriff.

Als 1978 Werner Bleyl zu seinem 60. Geburtstag mit einer Ausstellung in der Kunsthalle zu Kiel sowie im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg geehrt wird, formuliert der damalige Direktor Dr. Jens Christian Jensen den weiteren Werdegang von Werner Bleyl wie folgt: „Überall in der Welt hat sein Name in Fachkreisen einen guten Klang. Er bedeutet handwerkliche unbedingte Solidität, Gefühle für Leder und Papiere, für die Chancen, die in einem solchen diffizilen Material schlummern und die Fähigkeit alle diese Möglichkeiten in Gestalt umzusetzen.“ In der Praxis bedeutete dies, das Wechselspiel von Fantasie und Experiment auf die Spitze zu treiben, bis dem Künstler Werner Bleyl das Werk auf seinem Arbeitstisch als Antwort auf das Bestreben, seine Idee zu verwirklichen, genügte. Und das brauchte Zeit, und meist war es eine besondere, nämlich die der ganz ganz frühen Morgenstunden. Leder wurde so dünn geschärft, dass es transparent wurde und in Collage mit anderen Materialien bildgebend eingesetzt werden konnte. Hinzu kam die flächige Verwendung von Blattgold, nicht in Form der Prägung, sondern durch Klebung in der gleichen Ebene wie das Trägermaterial (meist Leder). Hier wurde unendlich lange ob der geeigneten Adhäsion experimentiert. Zum Ende der Schaffensphase von Werner Bleyl verwendete er die vorgenannten Techniken in einer bewusst figuralen Form: märchenhafte Gestaltung!